Lernen, es nicht persönlich zu nehmen
Es gibt Tage, an denen dich der Patient misstrauisch anschaut. Er redet kaum mit dir, antwortet einsilbig oder ignoriert dich. An anderen Tagen beschwert er sich ununterbrochen, kritisiert dich scharf, macht dir Vorwürfe.
Wenn du in der Pflege arbeitest – als Pflegehelfer, Fachperson Gesundheit, ASA oder Pflegeassistent –, dann kennst du das.
Und jedes Mal, auch wenn du professionell bleibst, trifft es dich irgendwo. Du fragst dich:
“Warum ist er so wütend auf mich?”
“Habe ich etwas falsch gemacht?”
“Warum merkt er nicht, dass ich ihm nur helfen will?”
Der wütende Patient meint nicht (immer) dich persönlich
Oft hat es gar nichts mit dir zu tun. Sondern mit deiner Rolle. Deiner Uniform. Du wirst zur Projektionsfläche für die Ohnmacht, die Frustration, den Schmerz.
Du bist das greifbare Gesicht eines Zustands, den der Patient nicht akzeptieren kann: Krankheit, Hilflosigkeit, Abhängigkeit. Und so wirst du zum Blitzableiter.
Manchmal bist du einfach “zur falschen Zeit am falschen Ort”. Und es trifft dich – sogar von Patient:innen, die dir gestern noch dankbar waren.
Pflege ist kein Beliebtheitswettbewerb
Das zu akzeptieren ist schwer, aber notwendig: Du wirst nicht immer gemocht. Auch nicht, wenn du freundlich, hilfsbereit und engagiert bist.
Du bist nicht da, um beliebt zu sein. Du bist da, um zu helfen, zu begleiten, zu pflegen.
Und das bedeutet nicht automatisch Anerkennung.
Gerade kranke Menschen haben oft keine Kraft mehr für soziale Höflichkeit. Und du stehst in der Schusslinie.
Sich verletzt fühlen ist menschlich. Professionell bleiben ist eine Kunst.
Nicht alles persönlich zu nehmen, heißt nicht, sich alles gefallen zu lassen. Es heißt: dich innerlich zu schützen, ohne kalt zu werden.
Sich zu sagen: “Heute hat jemand seinen Frust auf mich geworfen. Aber das bin nicht ich. Ich bin mehr als das.”
Vielleicht sprichst du später mit einer Kollegin darüber. Vielleicht gehst du kurz an die frische Luft. Vielleicht schreibst du deine Gedanken auf.
Gut so. Das ist gesund.
Wichtig ist, dass du dich nicht veränderst. Nicht zynisch wirst, nicht hart, nicht gleichgültig. Denn dann pflegst du nicht mehr – du funktionierst nur noch.
Menschlichkeit – mit klaren Grenzen
Empathie heißt nicht, sich beleidigen zu lassen. Wenn ein Patient übergriffig wird, muss das benannt werden. Das ist dein gutes Recht.
Aber bei kleineren Spannungen – ständiger Unzufriedenheit, unfairen Vorwürfen, ablehnendem Verhalten – lohnt es sich, einen inneren Abstand zu entwickeln. Ruhig bleiben. Klar bleiben.
Auch das ist Pflege.
Und du? Wie gehst du mit solchen Momenten um? Hast du eine eigene Strategie, um nicht alles mit nach Hause zu nehmen?
Schreib es in den Kommentaren. Es könnte jemand anderem helfen, sich weniger allein zu fühlen.