31 Mag 2025, Sab

Wem nützt Mobbing eigentlich noch?

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Ein unbequemer Begriff, der aber trifft

Im Gesundheitswesen ruft der Begriff Mobbing oft Unbehagen hervor. Für manche ist er übertrieben, für andere zu ungenau. Doch er beschreibt sehr präzise, was viele täglich erleben: ständige Ausgrenzung, wiederholte Kritik, subtile Abwertung. Es geht nicht um normale Konflikte unter Kolleginnen und Kollegen, sondern um gezielte Strategien, um jemanden systematisch zu isolieren.

Laut SECO und dem Arbeitsinspektorat des Kantons Tessin handelt es sich beim Mobbing um eine Verletzung der persönlichen Integrität durch feindselige, wiederholte und länger andauernde Handlungen, die das Ziel haben, jemanden auszugrenzen, zu schädigen oder psychisch zu destabilisieren. Im Gesundheitswesen wiegen diese Mechanismen besonders schwer, weil sie Menschen treffen, die ohnehin emotional gefordert sind und oft wenig Schutz haben.

Mobbing kann horizontal sein, wenn es von Kolleg:innen auf gleicher Ebene ausgeht, oder vertikal, wenn es durch Vorgesetzte ausgeübt wird. Im ersten Fall geschieht es meist verdeckt über soziale Dynamiken, im zweiten offen über Hierarchie und Kontrolle.

Die fünf Gesichter des Mobbings

Der Psychologe Heinz Leymann hat fünf typische Kategorien von Mobbinghandlungen identifiziert, die auch im Gesundheitsbereich häufig vorkommen:

  • Angriffe auf die Kommunikation: jemanden ständig unterbrechen, Nachrichten ignorieren, schweigend übergehen.
  • Angriffe auf soziale Beziehungen: bei Pausen meiden, bewusst aus Gesprächen ausschließen, als „unsichtbar“ behandeln.
  • Angriffe auf das soziale Ansehen: über jemanden lästern, lächerlich machen, mit abwertenden Spitznamen belegen.
  • Angriffe auf die berufliche Rolle: sinnlose Aufgaben vergeben, Kompetenzen entziehen, unerreichbare Ziele setzen.
  • Angriffe auf die Gesundheit: übermäßige Arbeitslast, gezielter Einsatz in belastenden Situationen, systematische Überforderung.

Auch subtilere Fälle zählen dazu – etwa wenn ein Kollege einen anderen bei jeder Kleinigkeit meldet, nicht um den Betrieb zu verbessern, sondern um ihn ins Abseits zu drängen. Der Vorwand heißt „Professionalität“, das Ziel ist Ausgrenzung.

Wenn Kontrolle zur Methode wird

Manchmal ist Mobbing kein Einzelfall, sondern ein System. Es wird zur unausgesprochenen Führungsmethode: Druck statt Dialog, Kontrolle statt Vertrauen.

Typisch sind häufige Vorladungen ins Büro wegen Nebensächlichkeiten, das systematische Festhalten von Fehlern, Verwarnungen als Drohung statt als Korrektur. Überraschungsbesuche auf Station nur mit dem Ziel, jemanden „in flagranti“ zu erwischen. Die Absicht ist nicht Entwicklung, sondern Einschüchterung.

Es gibt Teams, in denen Informationen gesammelt werden, um unbequeme Mitarbeitende zu isolieren. Andere werden durch ständige Kritik zermürbt. Wer widerspricht, wird aussortiert. Hier ist Mobbing kein Ausrutscher mehr, sondern Teil der Kultur.

Wer wegschaut, verliert

Die Folgen von Mobbing betreffen nicht nur die Betroffenen. Ein vergiftetes Klima schwächt das ganze Team. Laut SECO und dem Arbeitsinspektorat haben Unternehmen, die Mobbing tolerieren, mit mehr Abwesenheiten, Fluktuation, Leistungsabfall und Imageschäden zu kämpfen.

Im Gesundheitswesen bedeutet das: Patient:innen fühlen sich nicht ernst genommen, die Versorgung leidet, Fachkräfte kündigen oder fallen aus. Die Teams verlieren Vertrauen. Wer bleibt, passt sich an oder gibt auf.

Wie man es besser machen kann

Mobbing zu bekämpfen heißt nicht nur bestrafen, sondern vorbeugen. Jedes Unternehmen sollte klare Richtlinien aufstellen, Vertrauenspersonen benennen, Schulungen anbieten und offene Gesprächskultur fördern.

Das ist nicht einfach, aber notwendig – und lohnend. Eine gute Arbeitsatmosphäre erhöht die Qualität, stärkt die Bindung ans Team und schützt die Gesundheit aller. Wo man sich gegenseitig stützt statt überwacht, entsteht Entwicklung.

Das Gesetz verpflichtet dazu: Artikel 6 des Arbeitsgesetzes verpflichtet Arbeitgeber zur Wahrung der persönlichen Integrität. Aber noch wichtiger ist die gemeinsame Verantwortung, ein Klima zu schaffen, das auf Respekt statt auf Angst basiert.

Wer profitiert – wirklich?

Manche glauben, Mobbing helfe, Disziplin zu schaffen. Doch lohnt es sich wirklich, in einem Team zu arbeiten, das von Angst geprägt ist? In dem man schweigt, weil jede Äußerung gegen einen verwendet werden könnte?

Ein Umfeld, das Demütigung toleriert, bringt keine Stärke hervor. Es erzeugt Tarnung, Misstrauen, Rückzug. Wer kann, geht. Wer bleibt, funktioniert. Nicht mehr, nicht weniger.

Und so bleibt die Frage, am Ende wie am Anfang:
Wem nützt Mobbing eigentlich noch?

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